Vor zehn Jahren, nach einem lebensbedrohlichen Unfall mit dem Auto,  ich war in einen Kanal gefahren, der war nicht besonders tief, aber der Wasserdruck auf der Tür verhinderte das Öffnen, während dieser kurzen Ewigkeit, wurde mir gewahr, dass es das jetzt wohl gewesen war mit diesem Leben. Das Wasser war außen, ich saß in einer Luftblase, ein tiefer Frieden machte sich breit, es hatte etwas erlösende, das es vorbei wäre, dieses beladene Sein.

Es war Ende Oktober, ich hatte bis 19.00 Uhr gearbeitet, die Not eines am Jura Studenten, der unter hohem inneren Druck zu scheitern drohenden Patienten war in mich hineingedrungen, seine Panik hatte sich meiner bemächtigt. Ich war in Aufruhr geetriebenen aus seiner Einsamkeit versucht zu entfliehen, mit einem Auto vollkommen fremd, Automatik Linksgas war im motorischen Gedächtnis noch nicht verankert, verwechselt, durch das Metallgitter zum Kanal durchgerechnet, ein Sturz, ein Menschenauflauf, ein Polizist der beherzt in den Kanal springt, mich aus dem Auto zieht. Drei Wochen Neurologie in St Georg, niemand hat gefragt, wollten Sie sich das Leben nehmen, kein Psychiater, immer ein bisschen dissoziiert, und keine psychotherapeutische Hilfe, nach drei Wochen „nichts passiert‘, ausser zwanzig Minuten Physio täglich auf der Neurologie, aber die Aussicht auf die Alster war sehr schön.

Auf dem Dach ein interreligiöser Andachtsraum, ein Ort um zur Ruhe zu kommen.

Nach drei Wochen wurde ich mit einem Taxi in einer neurologischen Rehaklinik abgeworfen, als Erstes maulte mich die Fachkraft an, sie könnte meinen Koffer nicht tragen, die Stelle des Hausmeisters sei gestrichen worden. Ich konnte auch nicht nicht. Später fauchte mich eben diese Fachkraft während einer Panikattacke an, ich solle mich zusammen reißen, ich hatte mich ohne Orientierungsinn verlaufen.

Unter den anderen Patienten eine Handvoll verzweifelte, die mit riskanten Verhalten, auf Motorrädern oder Leitern eine Verzweiflung ausdrückten.

Wir erkannten uns, ohne es zu benennen, was uns nach Gyhum gebracht hatte, dieser Lebensüberdruß am Rande des Abgrundes, ließen wir noch eine kleine Option offen zu überleben.

An der Essensausgabe zwanzig Minuten vor Büffet Eröffnung das Gyhumer Rollatoren Ballet, der Drängler mit der Angst zu kurz zu kommen, gierig nach Tomaten Vierteln, und Gurkenscheiben, materiell übersättigt, ohne Gespür für ihre immaterielle Not, ein mehr, mehr, mehr, “ und satt war sie noch immer nicht“, wurden sie nie.

Anders als die „Raupe Nimmersatt“,dem schön bebilderten Kinderbuch, von der Büchergilde Gutenberg, ein Geschenk des abwesenden Vaters, verpuppte sich das Gyhumer Rollatoren Ballett nicht zu wunderschönen Schmetterlingen.

Ich hatte das Bilderbuch einmal mit einer Patientin in der Ambulanten Substitution Therapie durchgearbeitet, die sich niemals satt, mit der Sehnsucht nach dem richtigen Kick, dem Crack zuwandte, nach dem die Opiat Rezeptoren geblockt waren.

Am Tag des Heiligen Abend fuhr ich mit dem Taxi aus Gyhum nach Hause.

Der schwarze Prachtkater war nur noch eine Handvoll, es war wie Verrat ihn alleine gelassen zu haben, der meine Seele betröstet hatte, und meine Verbindung zu den Nachbarn war.

Ich hatte ihm ein gutes Leben versprochen, und ihm und mir versprochen, von keinem Hochhaus herunter zu springen, jetzt war die Lebenszeit meines Seelenretters abgelaufen.

In einer verschneiten Januar Nacht begehrte Max, der Seelen rettende Kater, der zu einer Handvoll geschrumpft war, Ausgang in den Garten.

Ich wusste, er ging zum Sterben hinaus, und würde nicht wieder kommen.

Zwei Tage später wäre der Tierarzt zum Einschläfern gekommen.

Er wurde nie wieder gesehen.

Manchmal denke ich er sitzt nachts noch bei einem Rentnerpaar aus der Nachbarschaft auf der Terrasse, und lässt sich streicheln, bewundern und verwöhnen.

Eine Woche später zog Prinzessin Molly aus dem Tierheim Süderstraße bei mir ein.

Nehmen Sie doch diese, sie ist freundlich, sagte die gepiercte Tierpflegerin zu mir.

Das ist jetzt zehn Jahre her.

Bis auf zu Hunden und anderen Katzen ist sie überaus freundlich.

Mittlerweile eher Queen Mum, als Prinzessin Molly.

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Herzlich Willkommen

Danke, dass du vorbeischaust! Ich bin Kathrin Köpp, psychologische Psychotherapeutin aus Hamburg. Neben meiner Arbeit in der Praxis biete ich eine Online-Beratung für Krisensituationen und diagnostische Einschätzungen für Selbstzahler ohne Wartezeit an. Auf diesem Blog möchte ich mit dir Geschichten aus meinem beruflichen und privaten Alltag als von MS-Betroffene teilen. Meine wichtigste Mitarbeiterin ist Miss Molly, nach zehn Jahren als Hauskatze auch als Queen Mom bekannt. Besonders bei ängstlichen und depressiven Patientinnen ist sie ein wertvoller Teil meines Teams.

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